Der Graumarkt-Krieg: Minnesota will Hanf-THC eindämmen – Eine Lektion für Deutschlands CanG?
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Der US-Bundesstaat Minnesota hat 2023 Cannabis für Erwachsene legalisiert. Parallel dazu floriert ein Markt für Hanf-basierte THC-Produkte (Edibles, Getränke, Vapes), der außerhalb des strengen Dispensary-Systems operiert. Nun zieht der Staat die Zügel an: Über ein expedited rulemaking will die Regulierungsbehörde (OCM) u. a. Verkauf, Lieferung, Tests und Kennzeichnung für Cannabis- und Hanfprodukte enger fassen. OCM – Rulemaking Zusätzlich hat der Gesetzgeber 2025 die Altersverifikation und Händlerpflichten bei Lieferungen von Lower-Potency Hemp Edibles nachgeschärft. Minnesota Laws 2025, Chap. 31 Und auf Bundesebene wächst der Druck, synthetische und berauschende Hanf-Derivate einzuhegen. Cannabis Business Times
Die Kernpunkte des Konflikts
- Strengere Regeln im Anmarsch: Minnesota arbeitet per Eil-Verfahren an detaillierten Regeln für Verkauf, Lieferung, Tests und Labels – auch für Hanfprodukte. OCM – Rulemaking
- Rechtssicherheit bei Lieferungen: Der Gesetzgeber hat 2025 Altersverifikation & Händlerpflichten für Lower-Potency Hemp Edibles nachgeschärft – Lieferungen bleiben möglich, aber strenger kontrolliert. Minnesota Laws 2025, Chap. 31
- Gegen synthetische Derivate: Gleichzeitig wächst der Druck auf synthetische und berauschende Hanf-Cannabinoide (z. B. Delta-8). Ein Staaten-Bündnis drängt auf ein bundesweites Verbot. Cannabis Business Times
- Ökonomischer Kern: Der parallele Hanf-Markt unterbietet die lizenzierten Dispensaries bei Preis & Convenience – ein struktureller Kannibalisierungseffekt.
Der „Wilde Westen" durch Hanf-Schlupflöcher
Der Boom basiert auf der US-Farm Bill (2018), die Hanf mit unter 0,3 % Delta-9-THC bundesweit legalisierte – mit unbeabsichtigten Nebenwirkungen: Aus Hanf extrahierte, berauschende Cannabinoide (Delta-8/-9 in Edibles) wurden außerhalb des strengen Lizenzsystems verkauft. Public Health Law Center Als Minnesota 2023 Adult-Use legalisierte, existierten zwei Märkte nebeneinander: hochregulierte Dispensaries versus preisgünstige Hanf-Shops und Kioske.
Was zunächst wie eine kreative Nutzung juristischer Grauzonen aussah, entwickelte sich schnell zum Problem: Die Hanf-Produkte waren billiger, überall verfügbar (Tankstellen, Online-Shops) und mussten keine teuren Lizenzen erwerben. Für die lizenzierten Cannabis-Unternehmen, die Millionen in Genehmigungen investiert hatten und hohe Steuern zahlen, war das ein unfairer Wettbewerb. Der Staat tolerierte diese Situation zunächst – doch der Druck von regulierten Anbietern und Verbraucherschützern wuchs.
Aufräumen: Gleiches Recht (und gleiche Kosten) für alle
Die OCM-Vorschläge wollen die Spielfelder angleichen: identische Sicherheits-, Test- und Kennzeichnungspflichten – unabhängig vom Ursprung (Hanf vs. Cannabis). Das erhöht die Compliance-Kosten für Hanfprodukte deutlich. Zugleich hat der Gesetzgeber 2025 Altersprüfung & Händlerpflichten beim Ausliefern von Lower-Potency Hemp Edibles klargezogen; Online-/Liefermodelle benötigen robuste Alterskontrollen und Registrierungen. Minnesota Laws 2025, Chap. 31
Diese Maßnahmen bedeuten nicht das Ende des Hanf-Marktes, aber sie machen ihn weniger attraktiv: Tests sind teuer, Labels müssen präzise sein, und der bequeme Versandhandel wird durch Alterskontrollen komplizierter. Viele kleine Hanf-Unternehmen befürchten, dass sie die höheren Kosten nicht stemmen können und vom Markt verschwinden werden. Die großen, lizenzierten Dispensaries hingegen sehen darin eine längst überfällige Korrektur.
In Deutschland erleben wir eine ähnliche Situation: Das CanG legalisiert den streng regulierten, nicht-kommerziellen Anbau in Cannabis Social Clubs (CSCs). Gleichzeitig überschwemmen HHC-Vapes, CBD-Blüten und andere Graumarkt-Produkte den Markt – oft billiger und viel leichter verfügbar als das, was CSCs anbieten können.
Der erste EKOCAN-Zwischenbericht zeigt, dass CSCs (noch) verschwindend geringe Marktanteile haben (etwa 0,1 %), während Schwarz- und Graumarkt dominieren. cannabisrecht.org – EKOCAN Der Fall Minnesota ist eine Blaupause für den Konflikt, der auch hierzulande eskalieren wird, wenn die Politik den Graumarkt weiterhin ignoriert.
Was bedeutet das für Konsument:innen?
Für Hanf-Unternehmen in Minnesota sind strengere Regeln existenziell bedrohlich. Für Konsument:innen ist das Bild gemischter: Einerseits verschwinden möglicherweise billige, leicht zugängliche Produkte. Andererseits steigt die Produktsicherheit massiv, da die strengen Tests Verunreinigungen und falsche Dosierungen verhindern.
Kritiker warnen jedoch: Wenn die lizenzierten Produkte in den Dispensaries durch hohe Steuern und Lizenzkosten zu teuer bleiben, treibt die Zerschlagung des Hanf-Marktes die Konsument:innen nicht in die legalen Shops, sondern direkt zurück auf den traditionellen Schwarzmarkt. Das wäre das Worst-Case-Szenario: Ein regulierter Markt, der nur für Gutverdienende erschwinglich ist, während alle anderen weiterhin bei illegalen Dealern kaufen.
Chancen & Risiken
- Chance: Einheitliche Standards stärken Verbraucherschutz & fairen Wettbewerb für lizenzierte Anbieter. Der Markt wird transparenter und sicherer.
- Risiko: Viele kleine Hanf-Shops geben auf; Produktvielfalt sinkt, Preise steigen; der Schwarzmarkt gewinnt als billigste Alternative.
Minnesota zeigt, was eine halbherzige Legalisierung anrichtet: Zwei Systeme konkurrieren, eines davon (Hanf) ist günstiger und weniger streng – der legale Markt blutet. Die Lektion für Deutschland ist glasklar: Statt den Graumarkt später „plump" zu verbieten, sollte Säule 2 zügig kommen und alle Rausch-Cannabinoide in ein einheitliches, faires Regelwerk überführen – mit Konsumentenschutz, realistischen Preisen und konsequenter Alterskontrolle. Alles andere ist Flickwerk, das am Ende niemandem nützt.
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