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Gesellschaft & Lifestyle

Home Grow Nation Deutschland? Studie: Eigenanbau dominiert legale Cannabis-Quellen

Symbolbild: Eine Deutschlandkarte, auf der viele kleine leuchtende Growzelte verteilt sind, überstrahlt andere Bezugsquellen.
Ein Trend, den wenige so stark erwartet hatten: Der Eigenanbau entwickelt sich zur Hauptsäule der legalen Versorgung.

Deutschland blüht auf – zumindest hinter verschlossenen Türen und auf Balkonen. Eine neue Auswertung des Projekts KonCanG (Frankfurt UAS/EH Freiburg) deutet auf eine massive Verschiebung im Cannabis-Bezugsverhalten hin: Der private Eigenanbau ist die mit Abstand wichtigste legale Hauptquelle. In der Online-Erhebung mit 11.471 Teilnehmenden nannten 49 % der Erwachsenen den Eigenanbau als Hauptquelle; insgesamt bezogen 88,4 % in den letzten sechs Monaten überwiegend legal produziertes Cannabis (Eigenanbau, Apotheke, Anbauvereinigung, Freund*innen mit Eigenanbau). Soziologe Bernd Werse bewertet das als „überraschend deutlich“.

Die Kernfakten aus KonCanG

  • Eigenanbau auf Platz 1 (legal): 49 % Hauptquelle Eigenanbau; als eine Bezugsquelle nannten ihn 62,3 %.
  • Legale Wege dominieren: 88,4 % bezogen zuletzt grundsätzlich legal erzeugtes Cannabis.
  • Clubs noch kaum relevant: Anbauvereinigungen werden selten genutzt (2,5 % als Quelle; 1,9 % als Hauptquelle).
  • Wichtige Einschränkung: Die Online-Stichprobe ist nicht repräsentativ, zeigt aber belastbare Trends in einer großen, engagierten Community.

Der Befund – Ein Trend stärker als erwartet

Dass Eigenanbau so schnell zur dominanten legalen Hauptquelle wird, hatten wenige prognostiziert. Der idw-Fachhinweis und das Projektpapier belegen jedoch genau das – inklusive eines klaren Rückgangs illegaler Wege. Zugleich betonen die Autor*innen die Grenzen der Methode (Selbstselektion, Online-Rekrutierung). Für die politische Bewertung heißt das: Die Richtung stimmt, die Größenordnung muss mit repräsentativen Daten nachgezogen werden.

Warum der Boom im eigenen Beet? Qualität, Kosten, Kontrolle

Die Motive hinter dem Trend zum Home Grow sind vielfältig. Aus den Daten und Begleitinterviews ergeben sich drei Haupttreiber:

  • Qualitätskontrolle: Sortenwahl, Düngung, Trocknung – wer selbst anbaut, weiß, was drin ist. (Implizit gestützt durch hohen Eigenanbau-Anteil im Datensatz.)
  • Kostenersparnis: Nach der Startinvestition liegen die laufenden Kosten oft unter Schwarzmarkt- oder (potenziellen) Clubpreisen.
  • Rechtssicherheit: Das CanG erlaubt Erwachsenen den privaten Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen; das reduziert das Risiko strafrechtlicher Folgen deutlich.
  • Verfügbarkeit & Hobby: Unabhängigkeit von Öffnungszeiten und Lieferketten; viele erleben Anbau als erfüllendes Hobby.
Ein glücklicher Gärtner inspiziert liebevoll seine drei blühenden Cannabis-Pflanzen im Growzelt.
Kontrolle, Kosten, Qualität: Die Vorteile des Eigenanbaus überzeugen offenbar viele Konsumierende.

Die Folgen: Ein Schlag für den Schwarzmarkt, eine Herausforderung für die Clubs

Mit 49 % Hauptquelle Eigenanbau und 29,2 % Apotheke verlagert sich die Nachfrage klar weg von illegalen Märkten – nur 11,6 % der Erwachsenen nennen nach Bereinigung noch eine ausdrücklich illegale Hauptquelle. Quelle Für Cannabis Social Clubs bleibt der Anteil vorerst klein (1,9 %). Das verweist weniger auf fehlende Nachfrage als auf die langsame Realisierung und enge Regeln. Politisch ergibt sich: Wenn legale Optionen alltagspraktisch sind, werden sie genutzt – der Eigenanbau macht es vor.

Rechtliche Hinweise & Grauzonen: Trotz Entkriminalisierung gibt es Fallstricke. Pflanzenzahl, Besitzmengen und Jugendschutz sind strikt einzuhalten; Verstöße bleiben sanktionierbar. KCanG im Wortlaut (z. B. Konsumverbote in sensiblen Bereichen wie § 5).

Ausblick: Vom Hype zur nachhaltigen Säule?

Ob der Eigenanbau-Boom nachhaltig ist oder nur eine erste Euphorie – das wird die Praxis zeigen. Schädlingsdruck, Erntefehler oder Aufwand könnten manche wieder bremsen. Klar ist: Der Home Grow hat sich als reale, von vielen präferierte Säule etabliert. Für die Politik liegt hier ein Lernfeld: Unterstützung mit Wissen statt Gängelung – und paralleler Aufbau funktionierender Säule 2‑Strukturen.

Chancen & Risiken

  • Chance: Schwächung des Schwarzmarkts, Stärkung der Konsument*innenkompetenz, dezentrale Versorgung.
  • Risiko: Qualitätsprobleme (z. B. Schimmel) bei fehlender Expertise; schwierige Kontrolle von Mengen/Jugendschutz; keine Umsatzsteuer im Vergleich zu Shops.
Dennis

Meinung von BesserGrowen

Dies ist ein Kommentar, nicht Teil der Nachricht

Der Home‑Grow‑Boom ist die logische Konsequenz einer praxisfernen Übergangsphase: Clubs hängen in Genehmigungen, Säule‑2‑Shops stehen aus – also bauen viele selbst an. Das ist ein Votum für legale, saubere Produkte. Aufgabe der Politik: Hürden abbauen, Wissen fördern, legale Alternativen ausbauen. Deutschland wird vielleicht keine Coffeeshop‑Nation – aber sehr gut eine kompetente Home‑Grow‑Nation.

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