Ein Jahr CanG: Warum der Schwarzmarkt in Deutschland stärker bleibt als gedacht
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Eines der zentralen Versprechen der Cannabis-Legalisierung war die Austrocknung des Schwarzmarktes. Über ein Jahr nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) zeigt sich jedoch ein gemischtes Bild: Obwohl erste Effekte messbar sind, bleibt der illegale Handel robust. Warum entscheiden sich Konsumenten weiterhin für den Dealer statt für den legalen Weg über Anbauvereinigungen (CSCs) oder den Eigenanbau?
Das Wichtigste in Kürze
- Strafverfolgung entlastet: 2024 ging die Rauschgiftkriminalität deutlich zurück – vor allem wegen der neuen Cannabis-Regelung (BMI/PKS 2024).
- Versorgungslücke: Medizin deckt ~12–14 % des Bedarfs; Anbauvereinigungen <0,1 % – der Rest stammt aus Eigenanbau, sozialer Weitergabe und illegalen Quellen (HHU-Evaluation 2025; Business of Cannabis).
- Preis & Bequemlichkeit dominieren: Straßenpreise liegen häufig im Bereich 8–12 €/g; frühe CSC-Kalkulationen 7–10 €/g (stark regional variierend) (Preisüberblick 2024/25; ICON-Umfrage).
- Internationaler Vergleich: In Kanada brauchte es mehrere Jahre – ~78 % legale Ausgaben erst nach 5 Jahren (Int. J. Drug Policy 2025).
Die Bilanz nach einem Jahr: Zahlen und Fakten
Unstrittig ist: Die Teillegalisierung hat die Justiz spürbar entlastet. Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 meldet einen Rückgang der Rauschgiftkriminalität um rund ein Drittel, primär infolge der neuen Cannabis-Regelung. Gleichzeitig zeigt die laufende Evaluation des Konsumcannabisgesetzes: 2024 konsumierten schätzungsweise 5,3 Mio. Erwachsene Cannabis; etwa 12–14 % des Gesamtbedarfs deckte Medizinalcannabis. Anbauvereinigungen trugen dagegen noch weniger als 0,1 % bei, weil Genehmigungen und Produktionsanläufe 2024/25 stockten (Bericht zur CSC-Lizenzlage).
Warum der Schwarzmarkt stark bleibt
Preis ist zentral – aber nicht allein. Seriöse Übersichten zum Straßenhandel nennen typischerweise 8–12 €/g (Region/Qualität abweichend) (Preisüberblick; DEMECAN-Marktinfo). Erste Befragungen in der Szene und von Verbänden taxieren realistische CSC-Abgaben teils bei 7–10 €/g (non-profit, aber mit Auflagen, Energie- und Sicherheitskosten) (ICON/Branchenumfrage). Einzelberichte variieren stark – bis hin zu zweistelligen Preisen, wo Flächen, Energie oder Bürokratie teuer sind (Community-Ausschnitte: r/germantrees).
Hinzu kommt Verfügbarkeit und Bequemlichkeit: Der Schwarzmarkt liefert flexibel und oft bis an die Haustür, während CSCs Öffnungszeiten, Abgabemengen (z. B. max. 25 g/Tag, 50 g/Monat) und strengere Regeln für 18–21-Jährige einhalten müssen (CSC-Regeln kompakt). Die Produktauswahl ist in der Startphase vieler Clubs naturgemäß begrenzt; parallele internationale Trends erreichen den Schwarzmarkt schneller. Und schließlich spielt Vertrauen/Gewohnheit eine Rolle: bestehende Beziehungen, kein Vereinsbeitritt, keine Wartezeiten.

Chancen & Risiken
- Chance: Die fortlaufende Evaluation erlaubt gezielte Justierung (Bürokratieabbau, Planbarkeit, Energie-/Sicherheitskosten), damit CSCs preislich mithalten können (Evaluationsfahrplan).
- Risiko: Ein starker Schwarzmarkt unterläuft Jugend- & Verbraucherschutz; Produktkontrollen fehlen, Verunreinigungen bleiben ein Thema.
Legalisierung ist kein Lichtschalter. Der Schwarzmarkt schrumpft erst, wenn der legale Weg bei Preis, Auswahl, Nähe und Bequemlichkeit besser ist. Deutschlands Lernkurve wird – wie in Kanada – mehrere Jahre dauern. Wer Dealer überflüssig machen will, muss Regeln vereinfachen, Clubs skalieren lassen und den Marktzugang für Erwachsene praktisch machen.
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