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Gesundheit

Warum viele Hausärzte bei Cannabis-Rezepten noch zögern

Symbolbild: Ein Hausarzt schaut skeptisch auf ein Cannabis-Rezept, während ein Patient hoffnungsvoll wartet.
Trotz klarer Gesetzeslage bleibt die Verschreibung von medizinischem Cannabis für viele Allgemeinmediziner eine Ausnahme.

Medizinisches Cannabis darf verschrieben werden – trotzdem passiert das in vielen Hausarztpraxen noch selten. Eine aktuelle Befragung zeigt: Viele finden die Therapie sinnvoll, fühlen sich aber unsicher. Gründe sind vor allem fehlendes Wissen, Angst vor späterem Ärger mit der Krankenkasse und noch vorhandenes Stigma. [1]

Worum es geht

  • Zurückhaltung: Ein großer Teil der Befragten verschreibt nur selten.
  • Unsicherheit: Dosierung, Sorten und Wechselwirkungen sind oft unklar.
  • Sorge vor Prüfen: Manche befürchten, dass Kassen später Rezepte infrage stellen.
  • Stigma: Cannabis wird teils noch als „Droge“ gesehen, nicht als Medikament.

Wenig Wissen in Ausbildung und Alltag

Themen wie das körpereigene Cannabinoid-System, wann Cannabis wirklich helfen kann oder wie man die Therapie praktisch begleitet, kommen in Studium und Fortbildung bisher kaum vor. Viele Ärzt:innen wünschen sich einfache, neutrale Leitlinien und gute Schulungen mit Beispielen aus der Praxis. Solange das fehlt, bleibt die Hemmschwelle hoch. [2]

Was sich seit 2024 verbessert hat – und was nicht

Seit April 2024 ist einiges leichter: Ein normales elektronisches Rezept reicht, in vielen Fällen braucht man vorher keine Erlaubnis der Krankenkasse mehr. [3] Trotzdem fürchten einige, dass später geprüft wird, ob die Behandlung wirklich nötig war – und dass dann Geld zurückverlangt wird. Diese Sorge bremst, auch wenn sie nur selten real wird.

Ein Patient steht vor einer hohen Mauer aus Büchern mit Titeln wie 'Regress' und 'Leitlinien?', um zu seinem Arzt zu gelangen.
Für Patientinnen und Patienten ist die Suche nach einem aufgeschlossenen Arzt oft der schwierigste Teil der Therapie.
Telemedizin unter Druck: Online-Angebote haben zuletzt geholfen, Lücken zu schließen. Nun plant die Politik: Erste Verschreibung nur nach persönlichem Praxisbesuch und kein Versand von Blüten mehr. [4] Das würde Patient:innen mit weiter Anreise oder Mobilitätsproblemen treffen.

Stigma bremst offene Gespräche

Manche sehen Cannabis noch zuerst als Rauschmittel und nicht als mögliches Medikament. Dann trauen sich Patient:innen weniger zu fragen oder wechseln von Praxis zu Praxis. Andere weichen direkt auf Online-Angebote aus – deren Zukunft gerade unsicher ist. [5]

Was jetzt möglich ist – und was schiefgehen kann

  • Chance: Mehr Nachfrage könnte endlich klare Leitlinien und praxisnahe Fortbildungen anstoßen.
  • Risiko: Werden Hausärzt:innen und Telemedizin gleichzeitig ausgebremst, bleiben Patient:innen auf der Strecke oder suchen unsichere Wege.
Dennis

Meinung von BesserGrowen

Dies ist ein Kommentar, nicht Teil der Nachricht

Acht Jahre nach „Cannabis auf Rezept“ hängt der Zugang noch immer davon ab, ob eine Praxis sich sicher fühlt. Statt digitale Wege enger zu machen, braucht es mehr Wissen, einfache Regeln – und die klare Aussage: Genau hinschauen ja, pauschal abblocken nein.

Quellen

  1. Hausarzt-Umfrage Verordnungshäufigkeit: Cannabis Business Times (06.10.2025) – „General Practitioner Physicians in Germany Rarely Prescribe Medical Cannabis". Online-Erhebung unter ~500 deutschen Ärzt:innen zur Verordnungspraxis und Fachkompetenz. CBT: GPs in Germany rarely prescribe medical cannabis (2025).
  2. Weiterbildungsbedarf & Leitlinien-Lücke: Pharma Relations / DocCheck-Umfrage (02.10.2025) – „Medizinisches Cannabis bleibt selten verschriebenes Medikament". Hinweise auf fehlende CME-Angebote, Leitlinienpraxis und Unsicherheit bei Dosierung/Sortenwahl. DocCheck/Pharma Relations: Umfrage zu Wissen & CME-Bedarf (2025).
  3. Rechtslage 2024/25 (eRezept statt BtM): Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (27.03.2024) – „Cannabis-Verordnung nur noch über eRezept oder Muster 16". Praxisleitfaden zur Änderung der Verordnungsmodalitäten ab 01.04.2024 (Wegfall BtM-Formular). KV Hamburg: Cannabis-Verordnung per eRezept/Muster 16 (ab 01.04.2024).
  4. Kabinettsentwurf Telemedizin & Versandverbot: Reuters (08.10.2025) – „Germany to restrict online cannabis sales, curb ballooning imports". Berichterstattung zu Präsenzpflicht beim Erstkontakt, Versandverbot und 400 % Importanstieg. Reuters: Präsenzpflicht & Versandverbot beschlossen (08.10.2025).
  5. Stigma bei medizinischem Cannabis: Peer-reviewed Studie (2025) – „Detecting and understanding potential stigma among medical cannabis users in Germany". Qualitative Untersuchung zu Stigma-Erfahrungen deutscher MC-Patient:innen im Arzt-Patienten-Setting (open access). PMC: Stigma-Erfahrungen von MC-Patient:innen in Deutschland (2025).

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