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Politik & Gesellschaft

EKOCAN 2025: Was der Bericht wirklich zeigt

Symbolbild: Eine Lupe untersucht den EKOCAN-Bericht und hebt nüchterne Zahlen und Grafiken hervor.
Der erste Zwischenbericht zur Evaluation des Cannabisgesetzes (EKOCAN) liefert eine erste, datenbasierte Bilanz.

Die politische Schlacht um die Deutungshoheit ist in vollem Gange, doch was steht wirklich im ersten Zwischenbericht zur Evaluation des Konsumcannabisgesetzes (EKOCAN)? Das Projekt läuft im Auftrag des BMG bis 2028 (BMG‑Projektseite). Die vollständige Veröffentlichung erschien am 29.09.2025 (Originalbericht/DOI). Diese Analyse liefert eine erste, nüchterne Bestandsaufnahme – und zeigt, wo die Horrorszenarien ausblieben, aber auch, wo die Arbeit erst beginnt.

Die Kernfakten in Kürze

  • Konsumverhalten stabil: Entgegen den Warnungen kam es zu keinem sprunghaften Anstieg des Konsums bei Erwachsenen. Der Konsum bei Jugendlichen ist laut vorliegenden Daten sogar leicht rückläufig.
  • Massive Justizentlastung: Die Strafverfolgungsstatistiken zeigen einen historischen Rückgang der erfassten konsumnahen Cannabisdelikte um 60% bis 80%. Das schafft Kapazitäten bei Polizei und Gerichten für wichtigere Delikte.
  • Schwarzmarkt dominiert weiterhin: Die legalen Bezugsquellen (Eigenanbau, Medizinalcannabis, Anbauvereinigungen) decken bisher nur einen kleinen Teil des Gesamtbedarfs. Der Schwarzmarkt bleibt die primäre Quelle.
  • Keine negativen Ausreißer: Weder bei der Verkehrssicherheit noch bei cannabisbezogenen medizinischen Notfällen sind bisher signifikant negative Entwicklungen feststellbar.

Was EKOCAN misst – und was nicht

Die EKOCAN‑Studie (UKE/ZIS als Koordination) untersucht Effekte des KCanG auf Kinder‑ und Jugendschutz, Gesundheitsschutz und Kriminalität – wissenschaftliche Begleitung bis 2028 (BMG). Dieser erste Bericht bündelt Daten bis August 2025 (FDR/DOI). Langfristige gesundheitliche oder soziale Effekte lassen sich erst mit weiteren Wellen solide bewerten.

Die zentralen Befunde im Detail

1. Konsum: Entwarnung statt Explosion

Die vielleicht größte Sorge der Legalisierungsgegner war ein Dammbruch beim Konsum. Dieser ist laut EKOCAN ausgeblieben. Der seit Jahren leicht steigende Trend bei Erwachsenen setzt sich ohne Sprung fort; bei 12–17‑Jährigen zeigen die verfügbaren Indikatoren weiter rückläufige Anteile – im Einklang mit lokalem Monitoring in Frankfurt/M. (Frankfurt UAS; Stadt Frankfurt). Lesehinweis: LTO‑Überblick.

2. Kriminalität & Justiz: Eine prognostizierte Entlastung

Hier liefert der Bericht die eindeutigsten Zahlen. Die Entkriminalisierung konsumnaher Delikte führt zu einem Rückgang um 60–80 % im Hellfeld. Die PKS 2024 weist bundesweit starke Rückgänge aus (über 100.000 Fälle weniger) – beispielhaft NRW: −34,2 % Rauschgiftkriminalität (LTO; BMI zur PKS 2024; PKS NRW (PDF)).

Eine Grafik im Bericht zeigt die Marktanteile: Ein großer Schwarzmakt‑Sektor und drei kleine legale Sektoren (Anbau, Medizin, Clubs).
Die größte Herausforderung bleibt: Die legalen Strukturen sind noch zu schwach, um den Schwarzmarkt signifikant zu verdrängen.

3. Marktanteile: Legale Quellen sind noch Zwerge

Der Bericht macht deutlich, dass der Weg zur Austrocknung des Schwarzmarktes noch weit ist. Von den geschätzten 5,3 Mio. erwachsenen Konsumierenden decken legale Quellen nur einen Bruchteil: Medizinalcannabis ~12–14 %, Eigenanbau im kleinen einstelligen Bereich, Anbauvereinigungen < 0,1 % (idw‑Pressemitteilung).

Hinweis zur Verkehrssicherheit: Obwohl die Debatte um einen neuen THC‑Grenzwert politisch hochkocht, findet EKOCAN bislang keine Evidenz für eine „Unfallwelle“; die Indikatoren bleiben stabil, vertiefte Analysen laufen (LTO‑Überblick zu den Indikatoren).

Was die Zahlen bedeuten – und was jetzt passieren muss

Die erste Datenwelle von EKOCAN entkräftet die größten Schreckensszenarien, die vor dem CanG an die Wand gemalt wurden. Gleichzeitig legt der Bericht den Finger schonungslos in die Wunde: Die bisherigen legalen Strukturen sind bei Weitem nicht ausreichend, um das Hauptziel – die Verdrängung des Schwarzmarktes – zu erreichen. Die Anbauvereinigungen sind durch bürokratische Hürden ausgebremst, und der Eigenanbau allein kann die Nachfrage nicht decken.

Chancen & Risiken

  • Chance: Evidenz statt Bauchgefühl – Konsum stabil, Jugendtrend eher rückläufig, Verkehrssicherheit ohne Auffälligkeiten (LTO).
  • Risiko: Strukturhürden bei Anbauvereinigungen; ohne rasches Nachjustieren bleibt der legale Anteil klein (idw).
Dennis

Meinung von BesserGrowen

Dies ist ein Kommentar, nicht Teil der Nachricht

Der EKOCAN-Bericht ist ein Realitätscheck für alle Seiten. Für die Gegner ist es die unbequeme Wahrheit, dass die Apokalypse ausgeblieben ist. Für die Befürworter ist es der harte Beweis, dass Säule 1 allein den Job nicht erledigt. Die Botschaft der Zahlen ist klar: Der eingeschlagene Weg ist nicht falsch, aber er ist unvollendet. Der politische Auftrag lautet jetzt: Bürokratie bei den Clubs abbauen und endlich die Modellprojekte für den Fachhandel auf den Weg bringen. Alles andere wäre eine Kapitulation vor dem Schwarzmarkt.

Wie es weitergeht

EKOCAN wird öffentlich begleitet (u. a. Vorstellung in der Bundespressekonferenz); weitere Auswertungen folgen – geplanter Abschluss April 2028 (BPK‑Video; BMG; idw). Die nächsten Datenwellen bis 2026 werden zeigen, ob sich diese Trends verfestigen – insbesondere beim Jugendschutz und in der Verkehrssicherheit.

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