Kurz & Klar: Das Wichtigste für Eilige
Was genau ist passiert? Im Oktober 2024 trat eine Reform in Kraft, die Cannabis-Patienten eigentlich das Leben leichter machen sollte. Der Genehmigungsvorbehalt fiel für 16 Facharztgruppen – Ärzte durften endlich ohne nervtötende Vorab-Genehmigung verschreiben. Weniger Bürokratie, schnellerer Zugang zur Medizin. Klingt gut, oder? Doch die Realität zeigt das genaue Gegenteil: Die Ablehnungsquote bei Krankenkassen ist seitdem gestiegen statt gesunken. Tausende Patienten stehen heute schlechter da als vor der Reform.
Warum funktioniert die Reform nicht? Das Problem liegt in einem Detail, das die Reform selbst eingebaut hat: die freiwillige Genehmigung. Ärzte können weiterhin Anträge stellen – und das wird sogar empfohlen. Doch wenn ein Arzt ohne Genehmigung verschreibt und die Krankenkasse später sagt "Das war nicht nötig", droht ihm ein finanzieller Regress. Er muss die Kosten persönlich zurückzahlen. Bei Cannabis-Therapien reden wir von 600-1.000 Euro pro Patient und Monat. Diese Angst vor Regressen ist so groß geworden, dass viele Ärzte lieber gar nicht verschreiben oder doch wieder Anträge stellen – und die Kassen lehnen diese nun noch härter ab als zuvor.
Was bedeutet das für Patienten konkret? Die Konsequenzen sind dramatisch: Etwa 370.000 Menschen erhalten in Deutschland Cannabis auf Rezept, aber die Krankenkassen lehnen noch immer 30-35% aller Anträge ab – trotz gesetzlichem Anspruch. Viele Patienten zahlen deshalb aus eigener Tasche, zwischen 150 und 900 Euro im Monat, je nach Bedarf. Andere weichen auf den Schwarzmarkt aus. Cannabis-Importe sind 2025 um über 400% explodiert (von 19 auf 80 Tonnen), aber die Verordnungen über die gesetzlichen Krankenkassen sind kaum gestiegen. Das zeigt: Schwerkranke Menschen zahlen selbst, weil ihr Rechtssystem sie im Stich lässt.
Wie geht es jetzt weiter? Es wird noch schlimmer. Die neue Regierung plant weitere Verschärfungen: Versandverbot für Cannabisblüten (Patienten müssen persönlich zur Apotheke), persönliche Erstverordnung nur nach physischem Arztbesuch (Telemedizin wird eingeschränkt) und strengere Dokumentationspflichten. Die Cannabis-Branche rechnet mit einem Markteinbruch von 40-60%. Doch die eigentlichen Verlierer sind nicht die Unternehmen – es sind die Patienten, die dringend auf ihre Medizin angewiesen sind.
Was kannst du als Betroffener tun? Erstens: Widerspruch einlegen, und zwar innerhalb eines Monats nach Ablehnung. Viele Entscheidungen werden revidiert, wenn die Begründung verbessert wird. Zweitens: Suche Ärzte mit Erfahrung in Cannabis-Verordnungen – sie kennen die Fallstricke und formulieren Anträge oft erfolgreicher. Drittens: Nutze bei hartnäckigen Ablehnungen Rechtsbeistand. Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin unterstützt aussichtsreiche Fälle vor dem Sozialgericht. Und viertens: Dokumentiere lückenlos – Therapiehistorie, Nebenwirkungsprotokolle, Studienverweise. Je besser dein Antrag, desto höher die Chance. Der gesetzliche Anspruch steht im § 31 Abs. 6 SGB V schwarz auf weiß. Du musst ihn nur durchsetzen.