Zurück zur News-Übersicht
Politik & Regulierung

Deutschlands goldener Rausch: Der Medizinalcannabis-Markt im Boom-Modus

Symbolbild: Ein wütender Markus Söder in einer Brauerei als Metapher für den politischen Widerstand gegen die Cannabis-Liberalisierung

Deutschland positioniert sich nach Giganten wie Kanada und den USA als einer der spannendsten und dynamischsten Märkte für Medizinalcannabis weltweit. Seit einer entscheidenden gesetzlichen Neuregelung im Jahr 2024 erlebt das Land einen beispiellosen Boom, der nicht nur die Gesundheitsversorgung revolutioniert, sondern auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial entfaltet.

Das Wichtigste in Kürze

  • MedCanG als Game-Changer: Seit 1. April 2024 ist Medizinalcannabis nicht mehr in den BtMG-Anlagen geführt und wird auf normalem (e)Rezept verordnet; Abgabe über Apotheken. (BMG · KBV · BfArM)
  • Stark wachsende Patientenzahlen: Offizielle Gesamtzahlen fehlen; Branchenanalysen schätzten Mitte 2025 rund ~900.000 Patient:innen. Die GKV-Zahlen bilden nur einen Teil des Marktes ab. (CBT/Artemis · krautinvest)
  • Marktvolumen: Schätzungen variieren deutlich: Von ~37 Mio. USD (2024) mit +14% p.a. bis hin zu ~1,5 Mrd. USD (2024) und ~3,7 Mrd. USD (2027). (Grand View Research · Reuters)
  • Importabhängigkeit: Deutschland importierte 2024 stark steigende Mengen (z. B. Q4/2024: 31.691 kg; Gesamtjahr ~71,5 t laut Branchenanalysen); der Inlandsanbau deckt nur einen Bruchteil. (Business of Cannabis · Prohibition Partners (via BofC))
  • Verschärfungen im Gespräch: RefE sieht persönlichen Arztkontakt und Versandverbot für Blüten vor; Branchen warnt vor Versorgungslücken. (BMG-RefE · Handelsblatt · Apotheke Adhoc)
Datenlage: Es gibt derzeit keine zentrale amtliche Gesamtstatistik zu Patientenzahlen & Gesamtumsatz. Branchenberichte und GKV-/Importdaten weichen teils deutlich voneinander ab.

Rechtlicher Rahmen: Das MedCanG als Game-Changer

Die grundlegende Weichenstellung für den aktuellen Boom erfolgte im April 2024 mit dem Inkrafttreten des Medizinalcannabisgesetzes (MedCanG). Dieses Gesetz entkoppelte medizinisches Cannabis vom strengen Betäubungsmittelgesetz und klassifizierte es als reguläres verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Damit wurde die Verschreibung erheblich entbürokratisiert; anstelle eines speziellen Betäubungsmittelrezepts genügt nun ein normales ärztliches Rezept. Dieser Schritt markiert den wesentlichen Unterschied zum Konsumcannabisgesetz (KCanG), das parallel den privaten Eigenanbau für den Freizeitgebrauch regelt. Medizinalcannabis bleibt klar ein Arzneimittel, dessen Abgabe ausschließlich über Apotheken erfolgt. (BMG · BfArM · KCanG)

Patientenzahlen & Nachfrageentwicklung: Eine Explosion der Nachfrage

Die Gesetzesänderung löste eine Welle der Nachfrage aus. Während die Patientenzahlen vor 2024 noch deutlich niedriger waren, steigen die Verordnungen seit 2024 stark. Branchenanalysen schätzen Mitte 2025 rund ~900.000 Patient:innen; valide amtliche Gesamtzahlen fehlen bislang. (CBT/Artemis · krautinvest) Das typische Patientenprofil ist breit gefächert und umfasst Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Schmerz, MS oder Epilepsie, multimorbide Patienten und solche in der Palliativversorgung. Der Anstieg wird durch eine wachsende Akzeptanz und bessere Aufklärung über die therapeutischen Möglichkeiten befeuert.

"Deutschland erlebt den weltweit größten Medizinal-Cannabis-Boom. Die Chancen sind riesig, aber die regulatorischen Herausforderungen auch."
— Branchen-Experte

Umsatzpotenzial und Versorgung: Ein Milliardenmarkt entsteht

Mit der steigenden Patientenzahl explodiert auch das Marktvolumen. Prognosen gehen davon aus, dass der Umsatz mit Medizinalcannabis in Deutschland bereits 2025 die Marke von einer Milliarde Euro überschreiten könnte. Langfristige Vorhersagen sehen bis 2030 sogar ein Potenzial von 5 bis 10 Milliarden Euro. Trotzdem ist Deutschland stark von Importen abhängig. Der Großteil des medizinischen Cannabis stammt aus Ländern wie Kanada, Portugal und Dänemark. Die heimische Produktion, betrieben von lizenzierten Unternehmen wie Demecan, Aurora und Tilray, deckt bisher nur einen Bruchteil der Nachfrage. (Reuters (Projektionen) · Grand View Research · Business of Cannabis)

Regulatorische Diskussionen & Hürden

Der dynamische Markt hat auch Regulierungsdebatten entfacht. Als Reaktion auf den starken Anstieg von Verschreibungen über Telemedizin-Anbieter plant das Bundesgesundheitsministerium eine Verschärfung der Regeln. Ein aktueller Gesetzesentwurf sieht vor, dass Rezepte nur noch nach einem persönlichen Arztkontakt ausgestellt werden dürfen und der Versandhandel verboten werden soll. Patientenverbände kritisieren diese Pläne scharf und befürchten eine massive Erschwerung des Zugangs, insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen. Die Politik steht vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Versorgungssicherheit und Missbrauchsprävention zu finden. (BMG-RefE · Handelsblatt · Apotheke Adhoc)

Ausblick: Deutschland als Blueprint für Europa?

Der deutsche Markt für Medizinalcannabis wird international genau beobachtet. Mit seiner strikten Regulierung, die auf pharmazeutischer Qualität und der Abgabe über Apotheken basiert, gilt Deutschland als potenzieller „Blueprint“ für andere EU-Staaten. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, wie die Politik die regulatorischen Hürden meistert, um die enormen Chancen für Patienten, das Gesundheitssystem und die globale Industrie zu nutzen. Der deutsche Weg wird wegweisend sein.