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Politik & Gesellschaft

„Rückschritt in analoge Strukturen?“: Massive Kritik an geplanter MedCanG-Reform

Symbolbild: Podium mit Gesetzesparagrafen vor Cannabisblüten; dahinter eine Ministerin am Rednerpult.
Der am 08.10.2025 vom Kabinett gebilligte Entwurf löst breite Debatten aus. BMG-Meldung.

Das Bundeskabinett hat am 08.10.2025 eine Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) beschlossen: Erstverordnungen sollen künftig nur nach persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt möglich sein, zudem wird der Versand von Cannabisblüten untersagt. So begründet das Bundesgesundheitsministerium (Leitung: Nina Warken, CDU) die Reform u. a. mit Missbrauchsrisiken und dem Ziel, die Beratung in Apotheken vor Ort zu stärken (BMG; Bundesregierung; Ministerium/Ministerin). Kritiker aus Patientenverbänden, Ärzteschaft und Juristerei warnen dagegen vor Versorgungslücken und rechtlichen Risiken (LTO-Analyse).

Das Wichtigste in Kürze

  • Kabinettsbeschluss (08.10.2025): MedCanG-Änderung mit Präsenzpflicht für Erstverordnungen und Versandverbot für Blüten. Quelle, Quelle
  • Begründung: Missbrauchseindämmung, Stärkung von Beratung & Sicherheit. G+G
  • Juristische Kritik: Verhältnismäßigkeit & EU-Recht (Dienstleistungsfreiheit/Telemedizin) umstritten. LTO, Taylor Wessing
  • Marktumfeld 2025: BfArM bestätigt vorübergehenden Stopp neuer Importgenehmigungen, da die gemeldete Quote (122 t) ausgeschöpft ist. MMJDaily, Business of Cannabis, StratCann

Die Kernpunkte der geplanten Verschärfung

Der Gesetzentwurf sieht zwei zentrale Änderungen vor, die das BMG und die Bundesregierung öffentlich benannt haben:

  1. Pflicht zum persönlichen Arztkontakt: Für Erstverschreibungen ist ein persönlicher Termin erforderlich; für Folgeverordnungen mindestens einmal je vier Quartale ein Präsenzkontakt. Quelle, Quelle
  2. Versandverbot für Cannabisblüten: Keine Online-Versandabgabe mehr; Abholung/Abgabe in der Vor-Ort-Apotheke, Botendienst durch eigenes Personal bleibt möglich. G+G, TW

Ein Aufschrei aus der Praxis: Patientenversorgung in Gefahr

Patientenorganisationen und auf Cannabis spezialisierte Apotheken warnen vor neuen Hürden – insbesondere für immobile Patient*innen oder Menschen im ländlichen Raum, die bislang Telemedizin und Versandapotheken nutzten. Juristen sehen eine pauschale Beschränkung digitaler Versorgung als problematisch an und verweisen auf die Gefahr von Übermaß-Regulierung. Einschlägige Analysen arbeiten mögliche Grundrechts- und EU-Rechtskonflikte heraus (LTO). Eine internationale Einordnung liefert zudem das laufende EU-Projekt CannaPol, das Mitgliedstaaten evidenzbasierte Werkzeuge für Cannabis-Regelungen bereitstellen soll (EUDA, RAND Europe).

Illustration: Laptop mit gesperrter Videosprechstunde; im Hintergrund eine weit entfernte Landapotheke.
Symbolik zur Debatte um Telemedizin & Versorgung. Juristische Einordnung: Taylor Wessing, LTO.
Juristische Bedenken: Fachbeiträge heben u. a. die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit hervor, die ein pauschales Telemedizin-Verbot speziell für Cannabis angreifbar machen könnten. LTO, Taylor Wessing

Politische Ziele vs. Versorgungslage 2025

Die Ministerin Nina Warken (CDU) verweist auf Patientensicherheit und Missbrauchsabwehr (BMG). Gleichzeitig belasten externe Marktparameter die Versorgung: Das BfArM bestätigte, dass für 2025 die gemeldete Importmenge (122 t, INCB-Meldung) bereits ausgeschöpft ist und neue Genehmigungen vorerst nicht erteilt werden (MMJDaily, Business of Cannabis, StratCann).

Chancen & Risiken

  • Chance: Eindämmung missbräuchlicher Bezüge, Stärkung der persönlichen Arzt-Patienten-Beziehung & der Beratung in Vor-Ort-Apotheken (Bundesregierung).
  • Risiko: Erschwerte Versorgung – vor allem für immobile Patient*innen & ländliche Regionen; mögliche Konflikte mit Grund- und EU-Recht (LTO).
Dennis

Meinung von BesserGrowen

Dies ist ein Kommentar, nicht Teil der Nachricht

Der Entwurf adressiert reale Probleme – greift aber sehr grob. Statt gezielt gegen schwarze Schafe vorzugehen, droht ein pauschaler Rückschritt für viele Patient*innen, die Telemedizin legitim nutzen. In einer digitalisierten Versorgung sollte die Lösung mehr Qualitätsstandards und Nachweise sein – nicht weniger digitale Optionen.

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