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Wirtschaft & Regulierung

Importstopp 2025: Droht Patienten ein Engpass?

Karikatur einer deutschen Apotheke, die von einer Mauer mit der Aufschrift 'IMPORT-STOPP 2025' umgeben ist und traurige kanadische Cannabis-Exporteure aussperrt.

Deutschland zieht die Zugbrücke hoch: Berichten zufolge plant die Bundesregierung, ab 2025 keine neuen Importgenehmigungen für getrocknete Medizinalcannabis-Blüten mehr zu erteilen. Dieser drastische Schritt soll den heimischen Anbau stärken, könnte aber die Versorgung von Hunderttausenden Patienten gefährden und die Preise in die Höhe treiben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Keine neuen Genehmigungen: Ab 2025 will Deutschland keine neuen Lizenzen für den Import von getrockneten Cannabis-Blüten vergeben. Bestehende Genehmigungen bleiben vorerst gültig. (StratCann)
  • Ziel: Stärkung des Binnenmarktes: Die Maßnahme soll die Nachfrage auf die drei in Deutschland lizenzierten Produzenten lenken und die heimische Produktion ("Made in Germany") fördern. (BfArM)
  • Risiko Versorgungsengpass: Experten warnen, dass der deutsche Anbau den rasant steigenden Bedarf von fast 900.000 Patienten allein nicht decken kann. (Leafly.de)
  • Kanada als Hauptbetroffener: Kanadische Exporteure, die bisher einen Großteil des deutschen Marktes belieferten, stehen vor massiven Umsatzeinbußen.

Protektionismus zum Schutz des heimischen Anbaus?

Die Entscheidung, die vorerst nur über Branchenmedien bekannt wurde, markiert eine radikale Kehrtwende in der deutschen Cannabis-Politik. Bislang war der deutsche Markt stark von Importen abhängig, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Insbesondere Produzenten aus Kanada, Portugal und den Niederlanden sicherten die Versorgung. Nun soll der Fokus vollständig auf den inländischen Anbau gelenkt werden, der von den Unternehmen Aurora, Demecan und Tilray im Auftrag der staatlichen Cannabisagentur betrieben wird.

Die offizielle Begründung dürfte auf die Sicherstellung der im Betäubungsmittelgesetz geforderten Eigenversorgung abzielen. Kritiker vermuten jedoch eine protektionistische Maßnahme, um den heimischen Produzenten, die mit den Weltmarktpreisen kaum konkurrieren können, eine quasi-monopolistische Stellung zu sichern. Diese Strategie birgt jedoch erhebliche Risiken.

Karikatur, die den Wettlauf zwischen langsamem deutschen Cannabis-Anbau und schnellen, günstigen kanadischen Importen zeigt.
Der deutsche Anbau steht vor der Herausforderung, nicht nur die Menge, sondern auch die Vielfalt und den Preis der bisherigen Importe zu erreichen.

Die Folgen: Preisdruck, Sortenmangel und unsichere Versorgung

Branchenexperten und Patientenverbände schlagen Alarm. Die zentralen Sorgenpunkte sind:

  • Mangelnde Produktionskapazität: Die vertraglich vereinbarte Produktionsmenge der drei deutschen Anbauer (derzeit ca. 10,4 Tonnen pro Jahr) reicht bei weitem nicht aus, um den auf über 50 Tonnen geschätzten Jahresbedarf zu decken. Eine kurzfristige massive Steigerung der Produktion gilt als unrealistisch.
  • Steigende Preise: Eine künstliche Verknappung des Angebots bei gleichzeitig hoher Nachfrage führt unweigerlich zu höheren Preisen für Patienten. Die günstigeren Importe, die bisher den Wettbewerb belebten, würden wegfallen.
  • Fehlende Sortenvielfalt: Patienten sind auf eine breite Palette von Cannabissorten mit unterschiedlichen Wirkstoffprofilen angewiesen. Der deutsche Anbau konzentriert sich nur auf wenige standardisierte Sorten und kann die therapeutische Vielfalt der Importe nicht ersetzen.

Experten-Meinung

Ein Branchenanalyst kommentierte gegenüber dem Magazin StratCann: "Dies könnte Importeinschränkungen forcieren und erheblichen Preisdruck oder Engpässe erzeugen – vor allem für kanadische Exporteure, die viel in den deutschen Markt investiert haben." Es sei ein riskanter Versuch, den heimischen Markt aufzubauen, der am Ende vor allem den Patienten schaden könnte. (StratCann)

Was passiert mit Extrakten und bestehenden Lizenzen?

Der angekündigte Stopp soll sich explizit nur auf getrocknete Cannabis-Blüten beziehen. Importe von Cannabis-Extrakten, die für viele medizinische Anwendungen ebenfalls crucial sind, scheinen vorerst nicht betroffen zu sein. Zudem sollen bereits erteilte Importgenehmigungen ihre Gültigkeit behalten, was eine kurze Übergangsphase sichern könnte. Langfristig führt die Entscheidung jedoch zu einer massiven Markt-Unsicherheit und stellt die Weichen für eine Abschottung, die in einem globalisierten Gesundheitsmarkt als Anachronismus erscheint.

Diskussion zum Artikel

Dennis von BesserGrowen

Meinung von Dennis von BesserGrowen

Dies ist ein Kommentar, nicht Teil der Nachricht

"Made in Germany" ist ein Qualitätssiegel, kein Vorwand für eine schlechtere Patientenversorgung. Die Idee, den heimischen Anbau zu stärken, ist im Prinzip richtig. Ihn aber durch eine künstliche Mauer vor der Welt abzuschotten, ist der falsche Weg. Dieser Plan ignoriert die Realität: Der deutsche Anbau ist noch lange nicht so weit, die Versorgung von fast einer Million Menschen allein zu stemmen.

Die Leidtragenden dieser Politik werden die Patienten sein. Sie müssen mit höheren Preisen, weniger Auswahl und im schlimmsten Fall mit leeren Regalen in der Apotheke rechnen. Das ist unverantwortlich.

Unser Fazit: Statt auf Abschottung sollte Deutschland auf einen fairen Wettbewerb setzen, der den heimischen Anbau fördert, ohne die lebenswichtige Versorgung durch Importe zu kappen. Alles andere ist ein gefährliches Experiment auf dem Rücken der Kranken.