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Politik & Recht

Urteil: Bayerns Cannabis-Verbot im Englischen Garten ist rechtswidrig

Karikatur: Söder in bayerischer Tracht versucht verzweifelt, eine bröckelnde Mauer aus Aktenordnern um den Englischen Garten zu halten, während ein Eichhörnchen mit Richterperücke entspannt davor sitzt.

Es ist eine juristische Klatsche mit Ansage: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat das generelle Cannabis-Konsumverbot in Münchens bekanntesten Parks – darunter der Englische Garten – für unwirksam erklärt. Die Richter zerpflückten die Argumentation der Staatsregierung und stellten klar: Ein politisch motivierter "Sonderweg" steht nicht über dem Gesetz. (BayVGH PM; Beck-Aktuell)

Das Wichtigste in Kürze

  • Verbot gekippt: Das pauschale Kiff-Verbot im Englischen Garten, Hofgarten und Finanzgarten ist rechtswidrig. (Gesetze Bayern)
  • Begründung fehlt: Bayern konnte keine "erhebliche Belästigung" durch Konsum belegen – reine Ideologie reicht nicht. (Beck-Aktuell)
  • Noch nicht final: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Bayern wird wohl vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen. (StMGP)
  • Polit-Echo: Die Opposition feiert das Ende des "Sonderwegs", die CSU bleibt trotzig. (DLF)

Der juristische Hammer: Warum das Verbot fiel

Die Entscheidung des BayVGH (Az. 10 N 25.826) ist eindeutig: Die "Parkanlagen-Verordnung" der Bayerischen Schlösserverwaltung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Der Freistaat hatte versucht, über das Hausrecht und das Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) den Konsum komplett zu verbieten. Doch die Richter stellten fest: Wer Grundrechte einschränken will, braucht Fakten, keine Gefühle.

Das Gericht bemängelte eine "fehlende hinreichende Begründung". Nach bayerischem Recht (Art. 20 LStVG) darf eine solche Regelung nur erlassen werden, wenn eine konkrete "Gefahr oder erhebliche Belästigung" vorliegt. Die Staatsregierung konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass jeder Joint in jedem Winkel des riesigen Englischen Gartens automatisch eine Gefahr darstellt. Die pauschale Gleichsetzung von Cannabis-Konsum mit einer Störung der öffentlichen Ordnung wurde damit als das entlarvt, was sie war: Ein politisches Manöver ohne juristisches Fundament. (Beck-Aktuell)

Illustration: Eine Waage der Justitia. Auf der einen Seite liegt ein schweres Gesetzbuch 'Bundesrecht', auf der anderen Seite fliegt ein leichtes Blatt Papier 'Bayern Verbot' davon. Ein Eichhörnchen liest interessiert im Gesetzbuch.

Schwebezustand: Was jetzt gilt

Wichtig für alle Konsumenten: Die Sektkorken (oder Feuerzeuge) sollten noch nicht zu früh knallen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dem Freistaat steht der Weg zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) offen – und es gilt als sicher, dass Bayern diesen Weg gehen wird, um die Niederlage hinauszuzögern.

Bis zu einer endgültigen Entscheidung bleibt formal die Situation aus dem Eilverfahren bestehen: Im Nordteil des Englischen Gartens darf (unter Einhaltung der bundesweiten Abstandsregeln zu Spielplätzen etc.) konsumiert werden. Im Südteil sowie im Hof- und Finanzgarten herrscht Rechtsunsicherheit. Die Polizei steht nun vor dem Dilemma, ein Verbot durchsetzen zu sollen, das vom höchsten bayerischen Verwaltungsgericht bereits als rechtswidrig eingestuft wurde. (Beck-Aktuell Nordteil)

Politische Reaktionen: Gräben vertiefen sich

Die Reaktionen auf das Urteil zeigen, wie tief der Graben zwischen München und Berlin ist. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) reagierte trotzig und kündigte an, am "restriktiven Kurs" festzuhalten. Für die CSU bleibt die Legalisierung ein "Bärendienst" für die Prävention – eine Haltung, die sich nun zunehmend von der juristischen Realität entkoppelt. (StMGP)

Ganz anders die Töne aus Berlin: Carmen Wegge (SPD), Rechtsexpertin der Bundestagsfraktion, wertete das Urteil als "wichtigen Erfolg". Es bestätige, dass es keinen Raum für bayerische Extrawürste gebe. Die Botschaft ist klar: Bundesrecht bricht Landespolitik. (DLF)

Hintergrund: Der Kampf um den Sonderweg

Der Streit um den Englischen Garten ist nur die Spitze des Eisbergs. Bayern versucht seit Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) im April 2024, die Legalisierung durch die Hintertür zu sabotieren. Mit einem eigenen Bußgeldkatalog, Verboten auf Volksfesten und in der Außengastronomie wollte Ministerpräsident Söder Bayern zur "No-Go-Area" für Kiffer machen.

Das Gerichtsurteil deutet nun darauf hin, dass diese Strategie auf tönernen Füßen steht. Die Richter ließen durchblicken, dass das Bundesgesetz eine Sperrwirkung entfalten könnte. Das bedeutet: Wo der Bund bereits abschließend geregelt hat (z.B. 100 Meter Abstand zu Schulen), dürfen die Länder nicht einfach willkürlich eigene Verbotszonen draufsetzen. (KCanG §5; DHV)

Ausblick: Signalwirkung für Deutschland

Dieses Urteil wird weit über München hinaus strahlen. Es ist ein Warnschuss für alle Kommunen und Länder, die mit dem Gedanken spielen, die Legalisierung durch lokale Verbote auszuhebeln. Die Justiz hat gezeigt, dass sie bereit ist, die Bürgerrechte gegen staatliche Übergriffigkeit zu verteidigen. Für Bayerns "Sonderweg" könnte dies der Anfang vom Ende sein – auch wenn der juristische Kampf in die nächste Runde geht.