EKOCAN-Zwischenbericht: Keine Unfallwelle – Was Cannabis im Verkehr wirklich verändert (und was nicht)
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Fakten statt Panik: Der erste Zwischenbericht der EKOCAN-Evaluation sieht bislang keine Unfallwelle nach der Cannabis-Teillegalisierung. Selbstberichtetes Fahren unter THC und schwere Verkehrsunfälle zeigen in den bislang ausgewerteten Daten keinen auffälligen Anstieg. Gleichzeitig bleiben offene Fragen – und der THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml sorgt weiter für Debatten.
Das Wichtigste in Kürze
- Bislang keine sprunghaften Veränderungen bei Unfällen oder Fahren unter THC. LTO · idw
- Gesetzlicher Grenzwert seit 22.08.2024: 3,5 ng/ml THC im Blutserum (§24a StVG). BMDV · ADAC
- Kriminalität deutlich rückläufig (Hellfeld –60 bis –80 %), Jugendtrend stabil/leicht rückläufig; Evaluation läuft bis 2028. Uni Tübingen · idw
Was EKOCAN bisher sagt – und was noch offen ist
Die EKOCAN-Evaluation (UKE, UKD/HHU, Uni Tübingen) zieht eine erste Zwischenbilanz: Keine Hinweise auf eine abrupte Verschlechterung der Verkehrssicherheit seit 1. April 2024. Das gilt sowohl für selbstberichtetes Fahren unter Cannabiseinfluss als auch für schwere Unfälle. idw · UKE-Presse
Gleichzeitig verweisen die Forschenden auf methodische Grenzen: Der Zeitraum ist kurz, manche polizeilichen Detaildaten liegen verzögert vor, und bei „Unfällen unter Einfluss anderer berauschender Mittel“ sind Trends zu beobachten, deren Anteil von Cannabis erst durch Tieferanalysen sauber getrennt werden kann. LTO

3,5 ng/ml THC: Warum der Grenzwert so gewählt wurde
Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes wurde ein gesetzlicher THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml eingeführt – zuvor galt praktisch ein 1,0-ng/ml-Richtwert aus der Rechtsprechung. Die Fachkommission ordnete 3,5 ng/ml als „konservativen Ansatz“ ein, vergleichbar mit ca. 0,2 ‰ Blutalkohol. BMDV · WELT · ADAC
Bußgelder & Fahrverbote
Über 3,5 ng/ml THC drohen in der Regel 500 € Bußgeld & 1 Monat Fahrverbot; bei Mischkonsum (Alkohol + THC) sind härtere Sanktionen möglich. Deutscher Bundestag · ADAC
Kriminalität runter, Jugendtrend stabil – was das mit Verkehr zu tun hat
Die Evaluation zeigt: cannabisbezogene Delikte im Hellfeld sind seit April 2024 massiv gesunken – in ersten Auswertungen um 60–80 %. Jugendkonsum bleibt stabil oder rückläufig (Trend seit 2019). Das entlastet Justiz & Polizei und könnte langfristig Ressourcen in die Verkehrssicherheitsarbeit umlenken – z. B. gegen Mischkonsum. Uni Tübingen · LTO
Chancen & Risiken
- Chance: Entkräftete Horrorszenarien erleichtern evidenzbasierte Politik – und den Weg für Modellprojekte/Lizenzabgabe mit klaren Verkehrsregeln.
- Risiko: Kurzer Beobachtungszeitraum; Mischkonsum bleibt ein echtes Sicherheitsrisiko; weitere Daten nötig.
EKOCAN liefert die Daten, die der Debatte lange fehlten. Der Befund ist unspektakulär – und genau deshalb wichtig: Keine Unfallwelle, keine „Anarchie auf den Straßen“. Sachpolitik statt Alarmismus.
Die nächsten Berichte müssen die offenen Punkte klären – insbesondere Mischkonsum und exakte Unfallursachen. Bis dahin gilt: Regeln einhalten, nicht high fahren, Grenzwert respektieren.
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