100 Jahre Cannabis-Verbot (1925-2025): Bilanz eines globalen Experiments

Das Jahr 2025 markiert einen ebenso stillen wie folgenschweren Jahrestag: 100 Jahre sind vergangen, seit Cannabis auf der Zweiten Internationalen Opiumkonferenz in Genf erstmals auf die Liste der international kontrollierten Substanzen gesetzt wurde. Es war der Startschuss für ein globales, Jahrhundert andauerndes Experiment der Prohibition – ein Experiment, dessen Scheitern heute offenkundiger ist als je zuvor.
Was 1925 als regulatorische Maßnahme begann, entwickelte sich zu einem weltweiten "Krieg gegen die Drogen", der unzählige Leben zerstört, Justizsysteme überlastet, Schwarzmärkte gestärkt und die wissenschaftliche Forschung an einer der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit massiv behindert hat. Zum 100. Jahrestag ziehen Aktivisten, Wissenschaftler und Reformer eine düstere Bilanz und fordern lauter denn je ein Ende der repressiven Politik.
Ein Jahrhundert Verbot: Die wichtigsten Fakten
- Der Anfang: 1925 wurde "indischer Hanf" auf Drängen von Ländern wie Ägypten und der Türkei in das internationale Drogenkontrollabkommen aufgenommen.
- Eskalation zum "War on Drugs": Insbesondere die USA trieben die globale Prohibition ab den 1930er Jahren mit moralischer und rassistischer Rhetorik voran.
- Die sozialen Kosten: Millionen von Menschen wurden weltweit kriminalisiert, inhaftiert und sozial ausgegrenzt, überproportional oft Angehörige von Minderheiten.
- Ökonomisches Desaster: Statt den Handel auszutrocknen, schuf die Prohibition milliardenschwere, unregulierte Schwarzmärkte, die von organisierter Kriminalität kontrolliert werden.
- Die globale Wende: Länder wie Uruguay, Kanada, Deutschland und zahlreiche US-Bundesstaaten haben die Prohibition beendet und gehen den Weg der Regulierung – mit positiven Ergebnissen.
Von Genf in die Welt: Wie das Verbot begann
Entgegen der landläufigen Meinung waren es nicht die USA, die das Cannabisverbot initiierten. Auf der Konferenz von 1925 argumentierten Delegierte aus Ägypten und der Türkei, dass der nicht-medizinische Konsum von Haschisch in ihren Ländern zu sozialen Problemen führe. Obwohl westliche Nationen zunächst skeptisch waren und auf die medizinische Bedeutung der Pflanze hinwiesen, wurde Cannabis schließlich in das Abkommen aufgenommen. Dies schuf die völkerrechtliche Grundlage, auf der einzelne Nationen ihre nationalen Verbotsgesetze erlassen konnten – eine Vorlage, die der spätere US-Drogenbeauftragte Harry Anslinger mit rassistisch aufgeladenen Kampagnen nutzte, um die Prohibition weltweit zu zementieren.
Die verheerende Bilanz eines Jahrhunderts
Die Folgen dieser Politik sind heute gut dokumentiert. Anstatt den Konsum zu reduzieren, hat die Prohibition:
- Einen gefährlichen Schwarzmarkt geschaffen: Ohne Qualitätskontrollen sind Konsumenten Verunreinigungen, schwankenden Wirkstoffgehalten und synthetischen Cannabinoiden ausgesetzt.
- Soziale Ungerechtigkeit verschärft: Die Durchsetzung der Verbotsgesetze trifft fast überall auf der Welt überproportional arme Menschen und ethnische Minderheiten, was zu Masseninhaftierungen und der Zerstörung von Gemeinschaften führt.
- Wissenschaftlichen Fortschritt blockiert: Die Einstufung als gefährliche Droge ohne medizinischen Nutzen hat die Forschung an den therapeutischen Potenzialen von Cannabinoiden über Jahrzehnte hinweg fast unmöglich gemacht.
- Ressourcen verschwendet: Billionen von Dollar wurden weltweit für Polizei, Justiz und Gefängnisse ausgegeben, anstatt in Prävention, Aufklärung und Gesundheitssysteme zu investieren.
"Die 100-jährige Prohibition ist kein Grund zum Feiern, sondern ein Mahnmal. Sie ist die Geschichte einer Politik, die auf moralischer Panik statt auf wissenschaftlicher Evidenz aufgebaut wurde. Wir haben ein Jahrhundert damit verbracht, ein Problem mit Methoden zu bekämpfen, die es nur verschlimmert haben."
2025: Der Ruf nach einer neuen globalen Drogenpolitik
Heute bröckelt die Front der Prohibition. Die Legalisierung in Ländern wie Kanada hat gezeigt, dass eine staatliche Regulierung den Schwarzmarkt erfolgreich zurückdrängen, Steuereinnahmen generieren und den Jugend- und Verbraucherschutz verbessern kann. In Deutschland markiert das Cannabisgesetz einen mutigen Schritt in dieselbe Richtung.
Der 100. Jahrestag wird von Reform-Organisationen weltweit genutzt, um die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedsstaaten aufzufordern, die internationalen Drogenkontrollverträge grundlegend zu überdenken. Die Forderung ist klar: Weg von Bestrafung und Kriminalisierung, hin zu einem Ansatz, der auf Menschenrechten, Gesundheit und wissenschaftlicher Erkenntnis basiert. Das gescheiterte Experiment der Prohibition muss nach 100 Jahren endlich beendet werden, um den Weg für eine vernünftige, humane und wirksame Politik im 21. Jahrhundert freizumachen.